Der Blindenbetrieb

*ÖBER GmbH*

hat seine Gründung in den 1920-er Jahren erfahren. Der Name ÖBER steht dabei für Österreichische Blinden ERzeugnisse. In der Zwischenzeit hat eine positive Entwicklung und auch eine internationale sowie gesamtösterreichische Ausdehnung stattgefunden und vielerorts in den Bundesländern - nicht nur in den drei Hauptwerkstätten - sondern auch in Heimarbeit, blinde, sehschwache und behinderte Handwerker beschäftigt.

Franz Fichtel

*1921*
Gründung des Steiermärkischen Blindenvereins durch Herrn Franz Fichtel mit weiteren 21 Betroffenen.

*1923*
Gründung der freien Werkstätten in Graz, die heutige Öber GmbH, ansässig in der Burggasse 4. Traditionelle Berufe wie Bürstenmacher und Korbflechter wurden von Blinden und Sehbehinderten ausgeführt. Ziemlich rasch ging es aufwärts, erst die späteren Wirtschaftskrisen brachten Rückschläge. Der Zwangsanschluss an Deutschland wirkte sich zunächst positiv aus, führte aber 1945 zum vollen Zusammenbruch.

*1945*
Es kam wieder zu einer Vereinsgründung. Mit Obmann Josef Ganser war uns eine erfolgreiche Zeit bis 1988 beschert. 1945 zu diesem Zeitpunkt gab es eine Vertriebsfirma, welche die Erzeugnisse des Steiermärkischen Blindenvereins vertrieben hat, mit der Bezeichnung ÖBA = Österreichische-Blinden-Arbeit. Im späteren Verlauf wurde der Verkauf in Eigenregie des Vereins übernommen und die wichtigste Aufgabe bleibt weiterhin die Arbeitsbeschaffung für Blinde und Sehbehinderte.

*Ca. 1955*
Herr Ganser suchte nach neuen Produktionsmöglichkeiten. In Deutschland gab es bereits Blinden-Webereien. In der Josefigasse 28 wurde eine Liegenschaft gekauft und eine Hand-Weberei eingerichtet. Ausschließlich wurden Reibtücher sowie hochwertige Leinenstoffe hergestellt. Im Norden von Graz entstand eine Weidenschälanlage, die erforderlich war für die Korbflechterei, die eine weitere Beschäftigung bot. Die Betriebe waren auf mehrere Standorte verteilt. Aus diesem Grund wurde in der Exerzierplatzstrasse (jetzt Augasse) das bebaute Grundstück einer Färberei gekauft. Hier wurden alle Betriebszweige erstmalig zusammengelegt.

*Ca. 1962*
Es wurden die ersten gebrauchten Webautomaten angeschafft.

*Ca. 1985*
Durch die Erbschaft von Frau Marianne Wiesner, wurde der Neubau des Werkstattgebäudes ermöglicht. Zusätzlich werden neue Webmaschinen angeschafft. Zu diesem Zeitpunkt blühte das Unternehmen. Sehr viele Mitglieder wurden beschäftigt; z. B. als Bürstenmacher, Weber oder als Korbflechter. Aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung sowie Billigproduktion aus dem Ausland ging langsam der Umsatz zurück. Es wurde immer schwieriger, Bürstenmacher zu beschäftigen. Die Webereiabteilung hatte zwar durch zwei Großkunden einigermaßen Beschäftigung; die erzielten Verkaufspreise deckten aber kaum die Kosten. Die Rendite nahm ständig ab, obwohl überall gespart wurde. Mitarbeiter mussten entlassen werden. Hin und wieder gab es einmal Impulse, aber diese waren nicht von Dauer.

*Ca. 1996*
In den Jahren ab 1996 waren die ersten, damals noch zu verkraftenden, Jahresverluste. Diese stiegen jedoch um die Jahrtausendwende drastisch an.

*2001/2002*
Nun standen wir vor dem arbeitsmäßigen und wirtschaftlichen Aus. Alle Bemühungen und Aktivitäten brachten nicht den notwendigen Erfolg. Der seinerzeitige Obmann Johann Kohlbacher stand vor der Wahl dem Verband die Schließung der 80 Jahre alten Werkstätte zu empfehlen oder weiter auf ein Wunder zu warten. Herrn Kohlbacher kam die Idee als letzte Rettung einen starken Partner zu suchen um evtl. doch noch das Schicksal positiv zu beeinflussen. Jedoch ließ sich in Österreich kein verlässliches, positives und seriöses Unternehmen finden, das für die ÖBER hilfreich gewesen wäre.

*Anfang 2002*
Der Obmann brachte in Erfahrung, dass die größte deutsche Blindenwerkstätte, ein Zusammenschluss von vielen einzelnen Blindenbetrieben und Handwerkern, im Hinblick auf ein gemeinsames Europa Kontakte mit Kollegen in Österreich suchte. Arbeitsring SchlichHier handelte es sich um die Arbeitsring anerkannter Blindenwerkstätten-Schlich GmbH. Dieser Betrieb hatte auch ein bereits 70-jähriges Bestehen und beschäftigte in Deutschland über 250 blinde und sehschwache Handwerker in vielen Gewerken. Auf Grund der eigenen Erfahrungen mochte man im Verband kaum glauben, dass das Blindenhandwerk noch irgend eine Zukunft haben könne. In Deutschland hatte man jedoch schon vor Jahren die Zeichen der Zeit erkannt und das Blindenhandwerk von regional auf national neu strukturiert. Mit den Kontakten über die nationalen Grenzen hinaus wollte man das Blindenhandwerk nun international für eine europäische Zukunft wappnen. Dies konnte die Rettung für die ÖBER sein.

Nach langer Zeit der Verluste waren keineswegs alle Verbandsmitglieder davon überzeugt, auch in Österreich noch erfolgreich eine Blindenwerkstatt betreiben zu können und von Euphorie konnte keine Rede sein. Öeber Trotzdem brachten die Verhandlungen dann im Juli 2002 die Gründung der Öber GmbH mit dem Steiermärkischen Blinden- und Sehbehindertenverband und der deutschen AAB GmbH, die den ersten internationalen Blindenverbund eingingen. Nunmehr konnten wieder 28 blinde und schwerbehinderte Menschen in Graz beschäftigt werden. Hinzu kommen noch einige sehende Mitarbeiter.

Schließlich haben wir diesen Erfolg nicht nur dem neuen Know-how zu verdanken, sondern in der Hauptsache den österreichischen Unternehmen, Gewerbetreibenden, Freiberuflern, und nicht zuletzt den kommunalen und staatlichen Institutionen, die bereit sind, durch ihre Aufträge auch den Behinderten eine Chance zu ermöglichen.

*2003*
In Linz entstand in Zusammenarbeit mit dem Oberösterreichischen Blinden- und Sehbehinderten-Verband wieder eine Korbmacherei. Von Blinden wird an modernen Arbeitsplätzen, extra für Blinde konstruiert, ein breit gefächertes Sortiment von Korbwaren sowohl für den Alltag als auch für repräsentative Geschenkzwecke gefertigt. Eine kleine Werkstätte für Stuhlflechtarbeiten ist an unsere Gemeinschaft angeschlossen.

Im gleichen Jahr wurden wir durch das Land Steiermark ausgezeichnet. Für die erfolgreichen Bemühungen blinde und hochgradig sehschwache Menschen in eine Beschäftigung gebracht zu haben, verlieh uns das Land Steiermark die Auszeichnung des steierischen Landeswappens, das wir seitdem in unserem Firmenkopf tragen dürfen. Im Jahr 2006 wurde uns in einem feierlichen Festakt die entsprechende Urkunde überreicht.

*2005*
Wiener Blindenwerkstätte Die Wiener Blindenwerkstätte – im Louis Braille Haus kam dazu. Ursprünglich war sie die Werkstatt des Verbandes von Wien, Burgenland und Niederösterreich. Die Wiener Werkstätte stand, so wie die ÖBER 2002, jetzt vor der Schließung. Durch eine Neugründung im Louis-Braille-Haus in Zusammenarbeit mit der ÖBER und unserem deutschen Partner konnte der Fortbestand gesichert werden. Durch unsere Gemeinsamkeit können nun alle blinden und hochgradig sehbehinderten MitarbeiterInnen weiter beschäftigt werden. Seit dieser Zeit sind auch BürstenmacherInnen in Heimarbeit für uns tätig, die selbst bei größerer Entfernung zur Werkstatt beschäftigt werden können, da sie ihre Arbeit von zu Hause aus erledigen.

Somit handelt es sich bei der ÖBER-GmbH um die Selbsthilfe-Organisation in Österreich, die sich für alle Blinden und Sehschwachen im Land verantwortlich fühlt.

*2010*
WebereiUnsere Blindenweberei in Graz ist nach Umbau, Umstrukturierung und Modernisierung in der Lage, neben den hergebrachten Putz- und Reibtüchern hochwertige Tischwäsche, Geschirr-, Mikrofaser-, Gläser- und Handtücher herzustellen. Darüber hinaus Qualitäts-Frottier in attraktiven Farben und ansprechendem Design. Selbst das Einweben von Namen und Logos ist in größeren Stückzahlen möglich.

*2016*
ReisstrohbesenNach langer Zeit der Entwicklung ist es uns gelungen, Maschinen für die Herstellung von Reisstrohbesen so umzubauen bzw. neu zu entwickeln, dass sie von hochgradig sehbehinderten BürstenmacherInnen bedient werden können. Sie sind so konzipiert, dass für die MitarbeiterInnen, selbst ohne Augenlicht, keine Verletzungsgefahr besteht. Die Maschinen sind entsprechend zertifiziert und amtlich abgenommen worden. Wir sind stolz darauf die erste Blindenwerkstatt zu sein, die Reisstrohbesen je nach Bedarf und Materialverfügbarkeit aus eigener Produktion und somit aus Blindenhand anbieten kann.

In unserem Verbund ist uns ein weiterer Schritt gelungen Blinde tätig werden zu lassen; nämlich in der Herstellung von hochwertigen Ring-, Flach- und Heizkörperpinseln, sowie im Vulkanisierverfahren, die Fertigung von Decken- und Malerbürsten, sowie Maurer- und Weißbürsten und Bürstenwaren aus Kunststoff für Lebensmittel verarbeitende Betriebe.

Durch unsere Verbindung ist auch ein potentielles, weiteres Aufgabengebiet für Blinde entstanden. Blinde und sehbehinderte Menschen bedienen mit Feingefühl und Konzentration moderne Hochleistungs-Stickmaschinen. Hiermit lassen sich Monogramme, Logos und viele Arten jeglicher Darstellung brillant in Frottier- und Glattgewebe einsticken. Fast keine Wünsche bleiben offen.

Auch ist es uns zwischenzeitlich ermöglicht worden, durch Blinde, Sehschwache und Menschen mit mehrfachen Behinderungen, Socken und Strümpfe in vielen Varianten (vom feinsten Business- bis zum strapazierfähigen Arbeitssocken) zu stricken.

Mit unserem Katalog möchten wir Ihnen zeigen, dass es viele Möglichkeiten gibt, unseren Verkäufern eine Bestellung zu erteilen. Schon heute danken wir Ihnen für Ihr Verständnis und Ihre Hilfe zur Beschäftigung unserer Handwerker.